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Southside-Festival 2015 - Affo's kleine Nachbetrachtung

Das Southside-Festival. Muss man nicht länger vorstellen. Eines der größten Festivals in Deutschland. Eigentich eine Nummer größer als die Festivals, die ich sonst besuche bzw. besuchen will. Aber nette Menschen haben mich gefragt, ob ich mitkomme und ich wusste, dass ich noch andere nette Menschen dort treffen werde. Also los. Das Lineup überzeugt. Wohl auch, weil es nicht mit sogennanten Top-Acts überladen ist und somit auch die Möglichkeit bietet, neue Musik zu entdecken.
Ticket bestellt und einen Platz auf dem Grüner-Wohnen-Zeltplatz reserviert. Ja, das ist wichtig. Wenig Müll, viel Nachtruhe. Mit Anfang 30 will man eben auf einem Festival etwas schlafen, nicht in ständiger Angst vor fliegenden, halbvollen Raviolidosen sein und sich nicht um halb vier nachts fragen müssen "Pisst der Wichser jetzt an mein Zelt?". Party gab's trotzdem.
Bier, Schnaps, Dosenfutter und Campingausrüstung in den großen Rucksack gesteckt und los.
Das Hinkommen ist dann so eine Sache für sich. Erstens, weil ich mich nicht rechtzeitig um eine Mitfahrgelegenheit gekümmert habe und zweitens, weil man immer wieder vergisst, dass Neuhausen ob Eck etwas sehr im Süden liegt. Aber ok. In Mainz schon nette Mitreisende kennen gelernt und mit ihnen die Verspätungen und Sperenzien von Deutscher Bahn und Shutlebussen durchgemacht. Mainz -> Mannheim -> Karlsruhe -> Immendingen -> Tuttlingen -> Southside. Ich habe nicht auf die Zeit geachtet, aber es war lang.
Egal, irgendwann da, Zelt aufgestellt und auf den Rest der Reisegruppe gewartet, die aus Darmstadt anreiste. Die sind dann auch irgendwann angekommen und schon konnte das Festival gefühlt losgehen. Hat zwar (wie immer) geregnet. Aber egal.

Hier die von mir besuchten Bands in der Reihenfolge des "Hab-ich-gesehen":

Freitag:
Skinny Lister
Wo war diese Band bloß? Gute Laune Folk-Polka-Rock mit Rockabilly und Punk-Einflüssen. Schöne Liveshow mit crowdsurfenden Kontrabass. Für mich die Band des Sommers! So kann ein Festival losgehen.

East Cameron Folkcore
Kommen etwas schwermütig und melancholisch daher, die Grand Hotel-van Cleef Band. Abwechslungsreiche Instrumentalisierung und sehr schöner, mehrstimmiger Gesang. Leider weniger tanzbar. Haben leider im Zelt gespielt, Open Air würde ihnen besser stehen. Perfekt für einen netten Abend mit guten Freunden und rotem Wein.

DubFX
Aus Sympathie für meine Mitcampern habe ich mir dieses Elektro-Loop-Experiment mit ein paar live gespielten Instrumenten angesehen. Sehr elektronisch, aber ohne sich in ewig langen Beatfolgen zu verlieren. Kurzweiliger, durchaus tanzbarer Elektro. Nicht mehr, nicht weniger.

Of Monsters And Men
Zur Zeit wohl der große Hype. Habe aber nicht ganz verstanden, was diese Band mir sagen will. Die Lieder gehen zwar sofort ins Ohr, bleiben aber nicht lange da. Als ob man sie alle schonmal gehört hätte. Zu Tode gehört hätte. Langweilig.

Madsen
Als Ersatzband für Ben Howard eingesprungen, den ich mir sehr gerne angeschaut hätte. Wurden nicht müde zu betonen, wie toll sie es finden, hier zu spielen. Das nervte etwas. Habe sie mir aus der Entfernung angesehen. Irgendwie hat man auch schon alles von ihnen zu oft gehört. Wird Zeit für ein neues Album. Aber daran arbeiten die Wendländer.

The Cat Empire
Kante ich garnicht. Wir sind nur zum aufwärmen und etwas ausruhen in das Zelt gegangen. Tja...falsche Band. Das Publikum tanzte ausnahmslos. Wunderbarer JazzKlezmerReggaeSkaRock, der auch teilweise ohne oder mit wenig Gesang auskommt. Großartig.

Florence And The Machine
Für mich die Überraschung des Tages! Ich dachte, mich erwartet eine seichte Elfen-Show. Aber Pustekuchen. Die Elfen waren wohl auf MDMA. Unglaublich, wie Florence über die Bühne, die Boxen, die Absperrungen, das Publikum wirbelt und dabei immernoch alle Töne trifft. Tolle Show, tolle Sängerin, tolle Songs. Hier passte wirklich alles.

Samstag:
Schmutzki
Werden als die neue, große deutsche FunPunk-Nummer gefeiert und gehypt. Kann ich, ehrlich gesagt, nicht ganz nachvollziehen. Ok, die Texte sind deutschsprachiger FunPunk. Das wars. Nichts außergewöhnliches. Aber es gefällt den Teenies vor der Bühne. Deswegen gehen wohl auch gefühlte fünf Minuten der bei Festivals knapp bemessenen Auftrittszeit für das alte Spielchen "Tragt-mich-zum-Mischer-mit-einem-Bier-in-der-Hand-und-wieder-zurück" drauf. Aber die Jungs können sich vermarkten. Gefühlt hatte jeder zweite Festivalbesucher einen Schmutzki-Aufkleber irgendwo auf den Klamotten oder der Haut oder in den Haaren.

Counting Crows
Spulten ihr Programm runter. Meines Erachtens war die Frisur des Sängers noch das interessanteste, was auf der Bühne vor sich ging.Vielen hat es gefallen, mir nicht.

La Brassbanda
Bombenstimmung vor der Bühne. Tausende Menschen tanzten bayerische Polka. Bei mir kam diese Stimmung nicht an. Liegt vielleicht daran, dass ich weder die Texte, noch die Ansagen verstanden habe. Warum klingt bayerisch auch so scheisse? Vielleicht lag es auch daran, dass alle Lieder (zumindest die, die ich gehört habe) gleich klangen. Naja, habe mir was zu essen geholt. Da hatte ich dann mehr von.

NOFX
Die Show war mehr Comedy als Konzert. Viele Gags, besonders über das Wetter, manche spielten mit deutschen Klischees, auch unterhalb der Gürtellinie. Die Musik kam da etwas zu kurz, obwohl das Programm mit Hits gespickt war. Fat Mike und seine Jungs kamen lustlos rüber, fast schon müde.

Parov Stelar Band
Guter Mix aus Live-Bläserei und elektronischen Beats. Die Band macht Laune. Mehr kann ich nicht sagen, da ich weiter musste zu...

The Gaslight Anthem
Neben Frank Turner und TV Smith ist Brian Fallon für mich einer der größten noch lebenden Texter von guter Musik. Also ein persönliches Highlight während dieser Tage. Zeitlich war ihre Playtime recht knapp bemessen, deswegen kamen die sonst sympathischen Quasseleinlagen von Mr. Fallon etwas zu kurz. Dennoch zockten sie sich durch ihre Hits. Wenig Neues, vieles Bekanntes. Sehr kurzweiliges Programm zum Mitsingen. Aber leider, leider ein recht undankbares Publikum.

ALT-J
Keine Ahnung, was alle an dieser Band finden. Zur Zeit scheint die ja jeder zu hören. Ich kann der Musik nicht wirklich was abgewinnen. Und ich habe es versucht. Die 4 auf der Bühne agierten nicht. Weder untereinander, noch mit dem Publikum. Genauso gut hätten 4 Schaufensterpuppen auf der Bühne stehen können. Absolut überbewertet. Der Bierstand war verlockender.

Placebo
Jetzt habe ich die also auch mal gesehen. Gut. Schöner Einsatz der Lichtanlage und Bildwände. Die Songs sehr abwechslungsreich gemischt. Schwerer Alternative-Sound wechselte sich mit den typischen Placebo-Indie-Hymnen ab. Toller Abschluss eines Festivaltages. Hier hat alles gepasst. Die Jungs sind völlig zu recht weltweite Festival-Headliner. 

Sonntag:
Adam Angst
Ich hatte etwas Angst vor dem guten Adam. Das erste Album wird überwiegend positiv besprochen, manche Aussagen und Bildsprachen (zu recht) kritisiert. Dennoch lieferten sie eine solide Punkrock-Show ab. Felix (oder muss ich jetzt wirklich Adam sagen?) hat es raus, zwischen Gesang und Geschrei zu wechseln und insgesamt sind die Songs "rund". Die Show an sich ist zu sehr auf den Sänger fixiert. Könnte man ändern. Macht es dann sympathischer.
 
Strung Out
Toller StreetPunkHardCore. Rancid auf Speed. Obwohl sie aus Kalifornien stammen, könnte man sie auch nach New York verorten. Gut eingespielte Truppe. Für das doch recht beachtliche Publikum war die Uhrzeit wohl zu früh und das Bier bisher zu wenig, denn so richtig Stimmung wollte nicht aufkommen.

Somekindawonderful
Placebo trifft Coldplay trifft Pharell Williams. Glattgebügelter SoulRockPop mit Elektroeinflüssen. Nicht schlecht, aber auch nicht besonders gut. Irgendwas dazwischen. Langweilig wurde es nicht, aber das wars auch schon. Haben keinen bleiben Eindruck hinterlassen.

George Ezra
Süß, der Kleine steht auf der Bühne und sieht aus wie Bob Dylan. Schlecht ist seine Musik nicht. Nur leider zu glatt, zu perfekt produziert. Aber den Teenies und besonders den jungen Damen vor der Bühne gefällt es. Schöne Musik, um in der Sonne zu liegen. Die war aber leider nicht da.

Die Antwoord
Booom! Weg geblasen! Hätte nicht gedacht, dass mir diese Mischung aus Rave, HipHop und plattem Techno gefallen könnte. Würde mir jetzt keine Platte der Südafrikaner kaufen, aber live? Immer wieder sehr gerne! Eine Wucht!

Farin Urlaub Racing Team
Habe ich mir nur von weitem angeschaut. Herr Urlaub wirkt ohne seine restlichen Ärzte recht farblos auf der Bühne. Wirft mit Witzen um sich, die nicht wirklichh zünden wollen und Musik, die etwas unfertig wirkt. Nicht schlecht, aber unfertig. Vielleicht habe ich alles auch schon zu oft gehört. Schade, da die Stimmung im Publikum und wohl auch auf der Bühne großartig ist.  

Jan Delay & Disco No.1
Ein Live-Knaller. Die Musiker tanzen, das Publikum tanzt, alle sind glücklich. Zwischendurch verbietet Herr Delay mal eben dem Kamerakran weiter zu filmen, damit alle aus dem Publikum einen ungehinderten Blick auf die Bühne haben. Lässig. Die Stimmung ist gelöst. Die Musik passt zum Abschluss der drei Tage. Schönes Ding. Gerne wieder.

So, das wars. Mehr habe ich nicht gesehen. Meine letzten Biere habe ich vor meinem Zelt vernichtet und mir von da aus Marteria angehört. Auch ein Vorteil vom Grüner Wohnen: Man ist sehr nah dran.

Am nächsten Morgen dann das übliche: Zelt abbauen, letzte Lebensmittel an die Tafel spenden, Müll abgeben. Man kennt das. Nach Hause bin ich dann mit unseren Camp-Nachbarn gekommen. Die hatten noch einen Platz frei. Nette Menschen. Glück muss man haben.

Liebes Southside...Nach der Regenkatastrophe von 2011 wollte ich dich eigentlich nicht mehr besuchen. Habs dann doch wieder gemacht und wurde nicht enttäuscht. Bis auf die kalten Nächte war das Wetter angenehm. Für ein Festival. Leider konnte ich Oli Schulz und Casper nicht sehen, da einer von euren Planern gedacht hat, dass man die auf die Zeltbühne stellen sollte. Falsch gedacht. Macht das beim nächsten Mal besser. Aber das ist eine Kleinigkeit.
Zusammenfassend kann man sagen: Tolles Lineup, tolle Konzerte, gechillte Security, keine langen Schlangen vor den Bierständen, chaosfreie An- und Abreise, ausreichend Toiletten, angenehmes Wetter. Weiter so. Komme wieder!  

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